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Offener Brief zum Bahnausbau im Bundeshaushalt: Geld reicht nicht für zeitnahen Ausbau der Mitte-Deutschland-Verbindung
Die für den Aus- und Neubau im Entwurf des Bundeshaushalts vorgesehenen Mittel in Höhe von rund 2,2 Milliarden Euro reichen nicht für den baldigen Ausbau der Mitte-Deutschland-Verbindung zwischen Weimar und Gößnitz. In einem Offenen Brief an die Parlamentarische Staatssekretärin Elisabeth Kaiser und den Staatsminister und Ostbeauftragten Carsten Schneider (beide SPD) verdeutlicht der Fahrgastverband PRO BAHN Thüringen daher die Problemlage und fordert mehr Investitionen für den Ausbau des Schienennetzes. Dazu erklärt der Fahrgastverband:
„Die Elektrifizierung der Mitte-Deutschland-Verbindung ist ein Kraftakt, an dem sich die Verkehrspolitik in Bund und Land sowie Verbände seit Jahrzehnten verausgaben. Mit der Einleitung der Planfeststellungsverfahren ist jetzt zumindest planerisch das Ende der Fahnenstange absehbar.
Mindestens ebenso steinig ist der Weg zur Finanzierung der Ausbaustrecke in Ostthüringen. Deutschland investiert leider immer noch zu wenig in den Aus- und Neubau des Schienennetzes. Im aktuellen Entwurf des Bundeshaushalts für 2025 sind lediglich 2,2 Milliarden Euro für den Ausbau des Schienennetzes vorgesehen. Das reicht gerade einmal für die laufenden Vorhaben bzw. die bereits abgeschlossenen Finanzierungsvereinbarungen. Dabei sind selbst engpassauflösende und internationale Vorhaben wie der Ausbau der Oberrheinstrecke zwischen Karlsruhe und Basel oder der Ausbau der Strecke Lübeck – Puttgarden, die den Verkehr der Festen Fehmarnbeltquerung nach Dänemark aufnehmen soll, bis heute nicht vollständig finanziert. Zudem warten andere wichtige Projekte in den überlasteten Eisenbahnknoten auf ihre Finanzierung. Die überproportional steigenden Baukosten kommen noch obendrauf. Mit der jetzigen Finanzierungslinie besteht wenig Spielraum für den Abschluss neuer Finanzierungsvereinbarungen wie etwa für die Ausbaustrecke Weimar - Gößnitz.
Ändert der Bund seinen Kurs nicht grundlegend und erhöht die Investitionen für den Aus- und Neubau im Schienennetz, dann wird dies unmittelbar auf den Zeitplan für den Ausbau der Mittel-Deutschland-Verbindung durchschlagen.
Bei den Pro-Kopf-Investitionen in die Schieneninfrastruktur, rangiert Deutschland unter den europäischen Staaten mit 115 Euro auf den hinteren Rängen, wohingegen beispielsweise Österreich mit 335 Euro fast das Dreifache investiert.
Die jetzt zwischen Frankfurt und Mannheim begonnene Korridorsanierung ist richtig und längst überfällig. Jedoch werden damit nur die 90 Milliarden Euro Sanierungsstau schrittweise abgebaut, die durch jahrzehntelange Vernachlässigung des Schienennetzes entstanden sind.“
Der Text des offenen Briefes im Wortlaut:
Offener Brief zur Finanzierung der Ausbaustrecke (ABS) Weimar – Jena – Gera
– Gößnitz – Regierungsentwurf für den Bundeshaushalt 2025
Sehr geehrter Herr Staatsminister,
dies ist ein offener Brief an Sie und die Parlamentarische Staatssekretärin beim
Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen, Frau Elisabeth Kaiser,
bezüglich der Finanzierung der Ausbaustrecke (ABS) Weimar – Jena – Gera – Gößnitz.
Mit der Aufnahme der Ausbaustrecke Weimar – Jena – Gera – Gößnitz in den
Vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans bzw. den Bedarfsplan Schiene des
Bundesschienenwegeausbaugesetzes haben Landes- und Bundespolitik sowie die Akteure
der Zivilgesellschaft 2016 einen Meilenstein für die Verbesserung der
Eisenbahninfrastruktur in Thüringen erreicht. Der Beginn der Planung im Jahr 2018 und
die seit 2023 laufenden Planfeststellungsverfahren sind die Früchte dieses politischen
Engagements.
Umso beunruhigender sind für den Fahrgastverband PRO BAHN Thüringen die Signale, die
wir seit der Aufstellung des Bundeshaushalts 2024 aus Berlin in Sachen Aus- und Neubau
im Schienennetz vernehmen. Zwar wird der durch jahrzehntelange Vernachlässigung
entstandene Sanierungsstau im bestehenden Eisenbahnnetz durch Bereitstellung
signifikant höherer Haushaltsmittel für den Erhalt jetzt hoffentlich schrittweise konsequent
abgebaut; jedoch stehen für den Aus- und Neubau, also den Posten im Bundeshaushalt,
aus dem auch die Elektrifizierung der Mitte-Deutschland-Verbindung finanziert wird, im
laufenden Haushalt 2024 lediglich 1,7 Milliarden Euro zur Verfügung.
Das ist nicht nur nach Einschätzung von Verbänden und Bahnbranche viel zu wenig, um
dem erheblichen Nachholbedarf im Bereich Aus- und Neubau des im Kern überlasteten
Schienennetzes nachzukommen. Auch Verkehrspolitikerinnen und Verkehrspolitiker der
Ampelkoalition halten dieses Niveau für unzureichend, um die zahlreichen Aus- und
Neubauvorhaben, die in den kommenden Jahren die Baureife erlangen, sicher zu
finanzieren. Denn dafür sind im Mittelfristzeitraum jährlich mehr als 3 Milliarden Euro
erforderlich.
So sind wichtige internationale Aus- und Neubauvorhaben wie der Ausbau der
Oberrheinstrecke von Karlsruhe nach Basel oder auch die Feste Fehmarnbeltquerung bzw.
die Ausbaustrecke Lübeck – Puttgarden für den Verkehr nach Dänemark noch immer nicht
vollumfänglich finanziell abgesichert.
Es ist klar, dass sich rein nationale Vorhaben wie die Mitte-Deutschland-Verbindung erst
hinter diesen internationalen sowie engpassauflösenden Bahnprojekten einreihen.
Der Regierungsentwurf für den Bundeshaushalt 2025 sieht für den zentralen
Ausgabenbereich Aus- und Neubau von Schienenprojekten („Baukostenzuschüsse für
Investitionen des Bedarfsplans Schiene“) erneut keine auskömmliche Finanzierung vor.
Vielmehr soll die Finanzierungslinie mit rund 2,2 Milliarden Euro weit unter dem
notwendigen Niveau verharren. Damit können schon in Kürze keine neuen
Finanzierungsvereinbarungen für Aus- und Neubauvorhaben mehr abgeschlossen werden.
Dies würde auch den Zeitplan der Ausbaustrecke Weimar – Jena – Gera – Gößnitz
unmittelbar tangieren. Der für 2025 geplante Abschluss der Finanzierungsvereinbarung
wäre dann akut gefährdet und mit ihr der Zeitplan für den Ausbau Thüringens wichtigster
Eisenbahnstrecke.
Sehr geehrter Herr Staatsminister,
wir bitten Sie eindringlich, sich zusammen mit den Haushalts- und Verkehrspolitikerinnen
der Regierungsfraktionen für eine spürbare Anhebung der Investitionen in den Aus- und
Neubau unserer Eisenbahninfrastruktur einzusetzen. Der Aus- und Neubau im
Schienennetz ist der zentrale Pfeiler, um künftig mehr Verkehr auf die Schiene zu
verlagern. Er ist existenziell für eine nachhaltige Verkehrspolitik. Investitionen in ein
leistungsfähigeres Schienennetz sind Zukunftsinvestitionen, von denen noch unsere Enkel
und Urenkel einen Nutzen haben werden.
In diesem Sinne wünschen wir konstruktive Haushaltsberatungen und für die Finanzierung
der Mitte-Deutschland-Verbindung das Signal „Fahrt frei“!
Mit freundlichen Grüßen
Über den Fahrgastverband PRO BAHN
Der Fahrgastverband PRO BAHN ist ein Verbraucherverband, der bundesweit die Fahrgäste aller öffentlichen Verkehrsmittel vertritt. Er ist Gründungsmitglied der Allianz pro Schiene und des Europäischen Fahrgastverbandes sowie Mitglied der Verbraucherzentrale Bundesverband. 2017 wurde der Fahrgastverband PRO BAHN mit dem Bundespreis Verbraucherschutz ausgezeichnet. Der Fahrgastverband PRO BAHN arbeitet ehrenamtlich im Interesse der Fahrgäste. Die Mitglieder "erfahren" tagtäglichen öffentlichen Verkehr (ÖV) auf Schiene und Straße. Aus diesen Erfahrungen heraus lobt und kritisiert der Verband Akteure und Unternehmen des öffentlichen Verkehrs, erstellt Konzepte, ist in offiziellen Landes-, Bundes- und Europa-Gremien aktiv, sensibilisiert und berät Politiker in Angelegenheiten des öffentlichen Verkehrs, beeinflusst die öffentliche Diskussion durch sachliche Aufklärung über Hintergründe, hält Vorträge und Seminare sowie Fahrgastsprechstunden und Automatenschulungen u.v.a.m. Detaillierte Informationen finden Sie unter www.pro-bahn.de
Rückfragen bitte an Henning Eggers, stellvertretender Vorsitzender, presse@pro-bahn-thueringen.de
oder Olaf Behr, Vorsitzender, Tel.: 0172-7986520, o.behr@thueringen.pro-bahn.de
v.i.S.d.P.: Henning Eggers, Tel.: 0179-1122217